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Slow theory

Wo verläuft die Grenze?

Der Netzwerk-Forscher Peter Kruse hat auf der re:publica 2010 einen Vortrag unter dem Titel “What’s Next?” gehalten. Die Fülle frischer Daten und Erkenntnisse mochte kaum in die gesetzten 30 min passen, weshalb der Vortrag zeitweise etwas atemlos geriet. Peter Kruse stellte die Auswertung von Wertemustern von knapp 200 “heavy usern”* des Internets vor. Erstes Ergebnis: Innerhalb der Internetnutzer gibt es eine starke Zweiteilung in den Werte- und Bewertungsmustern, die ein Verstehen zwischen beiden Hemisphären geradezu unmöglich macht.

Diese Ergebnisse bestätigen meine These über den Verlauf der Grenze zwischen den um das Internet streitenden Lagern. Peter Kruse nennt es einen “Disput pro und contra Internet”, aber ist es das wirklich? Ein Kampf zwischen Internetbefürwortern und Gegnern des Internet? Nein. Das Internet hat den Alltag durchdrungen, wirklich offline sind nur noch wenige (und diese, interessanterweise, fühlen sich auch nicht weiter vom digitalen Wandel bedroht). Auch Frank Schirrmacher lässt keine Gelegenheit aus, zu betonen, dass er kein Internetgegner ist.

Nein. Bei genauerer Betrachtung verläuft die Grenzlinie tatsächlich innerhalb der Internetnutzer, und zwar zwischen denjenigen, die das Internet rein rezipierend wie einen Fernseher oder wie ein Telefonbuch benutzen (bzw. denjenigen, es sinnvoll finden, wenn Nutzer es dabei belassen) – und jenen, die das Internet auch zur Produktion nutzen und dort selbst Spuren hinterlassen. Das würde bedeuten, dass nicht das Internet selbst die eigentliche Provokation ist, sondern das durch das Internet ermöglichte Zusammenkommen von Rezeption und Produktion. Etwas in das Internet reinzuschreiben und auch noch zu glauben, das würde andere interessieren (“Wer will denn so was wissen?!”), das ist demzufolge der eigentliche Skandal, eine Anmaßung.

Wer aber selbst nie etwas ins Internet beitragen würde und auch nicht daran interessiert ist, was andere dort einbringen, der empfindet das Netz nicht als eigenen Schaffensraum – kann also auch nichts Inspirierendes daran finden. Ihnen fehlt damit ein wesenlicher positiver Verstärker, der die Netzaffinität der Gegenseite bestärkt: Sie empfindet das Netz als Resonanz- und Schaffensraum, in welchem sie Gespräche führen kann.

Der Aspekt der Inspiration spielt auch in unserem Slow Media Ansatz eine zentrale Rolle – hier geht es um das Motiviertwerden zu eigener Handlung durch die Rezeption von etwas, das einen berührt. Die neuen Technologien ermöglichen die Durchdringung von Rezeption und Produktion in besonderem Maße, sie lässt sich aber hervorragend auch auf alle anderen Mediendarreichungsformen zurückbeziehen, auf die Salonkultur, auf Zeitschriften, Bücher und auf vieles mehr.

Was ist also zu tun? Ich denke folgendes: Die Grenzverläufe genauer lokalisieren, die Hemisphären identifizieren und vor allem: Das verbindende Corpus callosum orten, dass irgendwo zwischen diesen Hemisphären liegen muss und darauf wartet, ordentlich gefüttert zu werden.

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* Ich habe bisher keine genauere Definition des Kriteriums “heavy using” finden können: Es handeln sich um Menschen, “die regelmäßig im Internet aktiv sind”.

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SLOW MEDIA,
FAST MEDIA,
NO MEDIA?

auf der re:publica

GIBT ES EINEN WEG ZWISCHEN ALWAYS-ON UND MEDIENZÖLIBAT?
Wer mit uns auf der re:publica 2010 diskutieren möchte, sei herzlich eingeladen:

Wann: Donnerstag, 15. April 2010, 19:00 Uhr

Location: Kalkscheune Kleiner Saal
Dauer: 60 Minuten
Mit: Benedikt Köhler,
Martina Pickhardt,
Sabria David,
Jörg Blumtritt

http://re-publica.de